
Schwester! Sagen Sie bloß, die Weinprobe findet heute nicht statt…
Schon an den ersten Worten werden Sie erkennen: das ist heute kein typischer Ösi Text. Es ist ein Saftschubsen Text. Vom Herrn Ösi seiner Assistentin. Ich, geborene Silvia Saftschubse, darf den Text heute nicht nur wie üblich eintippseln, ich, Silvia Saftschubse, darf ihn sogar reh-digieren. Zumindest so lange der Chef in der Klinik weilt. Und weil ich ziemlich aufgeregt bin, habe ich reh-digieren mit „h“ geschrieben, so wie das scheue Waldtier halt.
Was ihm fehlt und ob es ihm gut geht? wollen Sie wissen. Nun ja. Sieht er nicht putzig aus in seinem neuen Kleidchen? Die Spatzen in Paris pfeifen es von den Dächern. Jean Paul Gaultier – Stardesigner und Modeschöpfer – is back, meldet sich nach langer Schaffenspause mit einer neuen Haute Couture zurück… und hat in Herrn Ösi ein erstes prominentes (nun ja…) Opfer gefunden. In Zeiten wie diesen, richtet sich das Augenmerk der Medien klarerweise auf den Krankenhauspatienten. Er ist in aller Munde. Er bevölkert die Intensivstationen, befeuert die Statistiken, kurz: er ist immer mit vorn dabei… und will neuerdings auch noch gut dabei ausschauen. Für das Herausputzen dieser nicht gerade attraktiven Spezies ist Herr Gaultier wie geschaffen. Den Namen Gaultier dürfen Sie – wollen Sie ein bisschen die Aussprache üben – nicht aussprechen als hätte er etwas mit einem klapprigen Gaul gemeinsam, Gaul-Tier also, nein, Gaul-Tier geht gar nicht, den Namen Gaultier müssen Sie aussprechen als würden Sie „Gott Je“ sagen, mit einer kleinen Pause zwischen Gott und dem Je. Auf keinen Fall Gaul-Tier, müssen Sie wissen, sonst können Sie gleich Pferd sagen, was immerhin einfacher und logischer wäre als ein überkandideltes Gaul-Tier. Wäre mit Gaul-Tier – jetzt Hypothese – tatsächlich ein Pferd gemeint (was es nicht ist), müsste man es als Cheval schreiben und als „Schöwal“ aussprechen, hab ich gelernt, und wären – nur mal angenommen – zwei Pferde am Start, also eine mathematische Verdopplung des ersten Pferdes, würde man Chevaux schreiben und „Schöwo“ sagen. Kompliziert, nicht? „Dö Schöwo“ oder „Dö Schwo“, wie der Franzose kurz und bündig sagt, wenn er zwei Pferde ins Rennen schickt, sind folglich zwei Pferde und „Schöwo“ oder „Schwo“ sind ein und das selbe. Klar? Nun gut. Früher fuhr auf den Straßen ein Automobil, das „Dö Schöwo“ genannt wurde, also zwei Pferde und das Verrückte daran ist oder war, dass man hierzulande zu den zwei Pferden „Ente“ sagte. Oder „2 CV“, was ziemlich futuristisch klang für das originelle Wägelchen. Wie man von zwei Pferden auf eine Ente schließen kann und/oder umgekehrt, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber zurück zu Herrn Ösi, bevor wir uns verzetteln.
Für mich handelt es sich um eine Schöheitsoperarion, hab ich ihm gesagt, auch wenn er davon nix wissen will. Zwar nicht um eine Brustvergrößerung, wie sie Männer heutzutage gern machen lassen, um ihren weiblichen Anteil zu erhöhen, was stets mit Vorteilen am Arbeitsplatz einhergeht. Nein, eher das Gegenteil. Nun gut, auch keine Brustverkleinerung, was naheliegend wäre, wenn es sich nicht um eine Brustvergrößerung handelt. Den älteren Herren, das werden Sie sicher schon bemerkt haben, wachsen im Alter oftmals… sagen wir mal: so was wie äh… kleine Tittchen… Tittchen, die so manch einer Dame gut zu Gesicht stehen würden, wenn sie brettl-eben ist, mit also zu wenig Holz vor der Hütte ausgestattet ist, wie der Chef gern sagt (wenn ihn keiner hört). Dies soll keine Wertung sein, sondern bloß… äh dingens, wenn Sie wissen, was ich meine. Aber es geht hier nicht um Tittchen. Es geht um einen Höcker, der auf seiner rechten Schulter sitzt beziehungsweise eher thront. Thront ist das richtige Wort. Eine ziemlich abstruse Sache. Der Watzmann, wie er ihn nennt, weil der Höcker in der Zwischenzeit zu einem echten, nicht zu übersehenden Koloss herangereift ist. Egal was er trägt, der Watzmann zeichnet sich deutlich unter der Kleidung ab. Einerseits erweist sich der Höcker als extrem praktisch, wenn es darum geht, Rucksäcke oder Einkaufstaschen zu transportieren. Nichts, aber auch rein gar nichts rutscht – einmal über den Watzmann geschoben – von seiner rechten Schulter. Das Rückhaltevermögen des Watzmanns ist ein überaus erstaunliches. Aber eben auch diese Ungleichheit, diese falsche Gewichtung gegenüber der linken Schulter, die sich wie eine handelsübliche linke Schulter ohne besondere Auffälligkeiten präsentiert, sprich brettl-eben eben. Es ist diese Ungleichheit, die den Chef gewaltig stört, diese Ungleichheit zwischen der rechten und der linken Schulter und die ihn letztendlich zur Wegsäbelung des Watzmanns bewogen hat. Der Watzmann muss weg! hat er gesagt und hat zum Telefonhörer gegriffen. Watzmann, Watzmann, Schicksalsberg, du bist groß und i nur a Zwerg.
Eins hat er nicht bedacht, der passionierte Weintrinker. So lange die Wunde nicht verheilt ist und er mit Schmerzmittel vollgepumpt wird, ist nix mit Weinprobe und dergleichen. Herr Ösi darf zur Zeit nur Saft. Das trifft sich gut. Endlich habe ich Gelegenheit, meinem Namen alle Ehre zu erweisen. Von früh bis spät übe ich das Schubsen von Säften… zu einem imaginären Herrn Ösi hinüber, der, wie ich hoffe, in Bälde seinen gewohnten Platz einnehmen wird.
Ihre
Silvia Saftschubse

Gefällt mir:
Gefällt mir Wird geladen...