Eigentlich sollte müsste könnte er mit sich selbst zufrieden sein. Wer? Der Herr Ösi. Der störende Watzmann wurde noch vor Ablauf der Jahresfrist entfernt. Wir berichteten darüber. Keine Frage, jetzt sieht er aus wie einer, der in Abu Ghraib gefoltert wurde. Eine tiefrote Narbe zieht sich in Schlangenlinien über die rechte Schulter. Geil! wie die Jüngeren zu sagen pflegen. Auf jeden Fall männlich. A hoata Hund, sozusagen. Wenngleich… nun ja. Wir verzichten an dieser Stelle auf die Einblendung entsprechender Fotos.
Nach dem Ausbessern dieser Unpässlichkeit entdeckt Herr Ösi sogleich eine neue. Nebenbei bemerkt, der entfernte Batzen Fleisch, nicht gerade klein wie die Bezeichnung Watzmann bekräftigt, wurde analysiert und als harmlos eingestuft. So weit, so gut. Hat man ihm diese, seine Trophäe, wie es sich gehören würde, per Post oder DHL zugeschickt? Mitnichten. Die Damen und Herren Analysten von der Fleischprobe, so seine Vermutung, haben sich damit einen schmackhaften Weihnachtsbraten zubereitet. Gut, sollen sie. Er gönnt es ihnen von Herzen und hofft, dass es mit der entsprechenden Beilage gemundet hat. Einerseits natürlich überglücklich, im neuen Jahr nicht mehr auszuschauen wie der Glöckner von Notre-Dame, quasi wie Quasimodo, gibt ihm ein anderer Umstand Anlass zur Sorge.
Er altert. Er schaut in den Spiegel und merkt, dass er altert. Jeden Tag ein bisschen. Klar wirst du sagen, es ist völlig normal zu altern, wir altern alle. Was will er denn, dieser Herr Ösi? Ewige Jugend? Oder was? Benebelt vom Jugendwahn unserer Zeit, hat er, obwohl lang dagegen gehalten, sich letztendlich mitreißen lassen, hat, vom Unsinn unserer Epoche infiziert, sich fast nicht mehr in den Spiegel schauen getraut, weil, ob du’s glaubst oder nicht, steter Tropfen höhlt den Stein und beim Blick in den Spiegel ist er unweigerlich einen Schritt zurückgewichen. Das half, seiner Kurzsichtigkeit sei Dank, die Falten in abgeschwächter Form wahrzunehmen. Und dennoch… die Unzufriedenheit über das Altern blieb.
Sie blieb bis er in den Jungbrunnen fiel. Es war mehr oder weniger ein Versehen. Und schwupp! Schon lag er drinnen. Im Jungbrunnen. Fluchte zunächst. Verständlich. Die Klamotten in Nullkommanix durchnässt. Von trocken auf nass in weniger als einer Sekunde. Herrschaftszeiten! Geistesgegenwärtig begann er mit Schwimmbewegungen. Vergeblich. Obwohl seit jeher ein tadelloser Schwimmer, mühte er sich umsonst. Brustschwimmen ging nicht. Kraulen, Fehlanzeige. Damenbrustkraulen, nix. Egal, welche Bewegung er versuchte auszuführen, es ging und ging nicht. Weil Begrenzung, sprich eine einengende Enge. (Ein jeder, der schon einmal in einen Brunnen hineingefallen ist, weiß wovon ich rede. Dürften aber die wenigsten meiner Lesersterncheninnen sein.)
In der Literatur oder in Gemälden wird der Jungbrunnen als weitläufiges Becken dargestellt, in dem sich zierliche Nixlein mit gut aussehenden Jünglingen vorzugsweise nackt vergnügen.
So ein Schmarren! Der Jungbrunnen ist in Wirklichkeit nicht breiter als meine Badewanne. Und zum Glück auch nicht tiefer. Die Schwimmversuche in ihm kannst du dir getrost sparen. Der Ösi hat das blitzschnell gekneißt (oder heißt es geknissen und er hat das Ösische verlernt?) und die entsprechenden Schritte eingeleitet. Nämlich keine. Bloß ein bisschen umständlich war es schon, wieder aus dem Wasser zu steigen. Das hat gedauert. Das Alter halt. Dann, zufällig ein Blick in den Spiegel. Boah! Er war baff! Beinah hätte es ihn aus den Socken gehauen, die freilich immer noch nass…
Das Resultat kann sich durchaus sehen lassen. 😉