PDGÖDA

Herr Ösi traute Augen und Ohren nicht. Auf dem Nürnberger Hauptmarkt wurde er kürzlich Zeuge einer Demonstration. 

Aufgerufen zur Kundgebung hatte die neue Gruppierung PDGÖDA, sprich: Pedegöda, also „Patriotische Deutsche gegen die Ösifizierung des Abendlandes“. Ihm stockte der Atem.

Mit Trillerpfeifen, Spruchbändern und Lautsprechern ausgerüstet, ging es den Demonstranten um die „sogenannte“ und von Mutti stets propagierte Westliche Wertegesellschaft, allem voran aber um die Deutsche Favoritenrolle in Europa, die, so war es den Parolen zu entnehmen, vom südöstlichen Nachbarn – warum auch immer – zunehmend in Frage gestellt wird.

Blödsinn, dachte Herr Ösi, wer kann und vor allem wer will sich denn schon mit den mächtigen Deutschen mästen messen? Ösiland bestimmt nicht.

Er behielt seine Gedanken für sich und vermied es, mit den Umstehenden ins Gespräch zu kommen. Klar, er hätte nur unnötig seine Herkunft verraten.

Die mittelgroße Kundgebung, bestehend aus 3 1/2 Demonstranten, wurde zunehmend selbstbewusster, aber glücklicherweise von einem Aufgebot der Polizei auf Schritt und Tritt überwacht.

Wie kommt es, dachte Herr Ösi, dass eine sooo große und mächtige Nation wie die der Deutschen um ihre Vormachtstellung bangt und sich von einem sooo kleinen Land, welches gerade mal 1 Zehntel der Einwohner besitzt, bedroht und herausgefordert fühlt?

Sind es etwa die alpenländischen Rituale, die dem Deutschen seine Identität rauben und ihn in seinem Brauchtum einschränken?

Er dachte nach. Nun ja, vielleicht war die Angst vor den übermächtigen Alpenländern nicht ganz unbegründet.

Begeben wir uns zum Beispiel ins Reich der Musik, müssen wir erkennen, dass der Ösiländer bis zum heutigen Tag die Welt musikalisch dominiert. Dabei spannen wir den Bogen von Mozart über Bruckner, Czerny, Gulda, Haydn, Lehar, Liszt, Schönberg, Schubert, diverse Sträuße bis hin zu Ziehrer, um nur die Bekanntesten ihres Fachs zu nennen.

Die Aufzählung der zeitgenössischen Musiker ersparen wir uns an dieser Stelle und verweisen aufs Digital- bzw. Internetradio. Unbedingt nennen müssen wir den kürzlich verstorbenen Nationalökonomen Udo Jürgens. Hätte man seine Liedertexte richtig interpretiert, der Wein wäre heute Griechenlands Exportschlager Nummer 1 und das marode Land längst saniert. Wie sehr Ösiland den globalen Musikmarkt aufmischt beweist nicht zuletzt Conchita W., die/der den bis dato bestehenden Unterschied zwischen Männlein und Weibchen komplett auflöst.

In Deutschland hingegen gab es die 3 großen B’s, also Bach, Brahms und Beethoven, wobei die beiden letztgenannten ihre letzten Lebensjahre – warum auch immer – in Wien verbrachten. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Bezüglich zeitgenössischer Musiker sieht es eher düster aus. Als da hätten wir D. Bohlen, ein eher abgehalfterter Musiker, der im Hauptjob als pöbelnder Juror auftritt und eigentlich längst aufs Altenteil hinüber geschoben gehört. Dann gibt es Helge Schneider, der einst mit dem Lied Katzenklo die deutschen Charts stürmte. Und dann hätten wir … dann hätten wir noch den mittelmäßigen Sänger und Songwriter D. Bohlen. Okay, den hatten wir schon, aber aus Ermangelung an geeigneten Alternativen muss er ausnahmsweise doppelt genannt werden.

Das bedeutet 1:0 für Ösiland.

Nun muss man ehrlicherweise anerkennen, dass das Leben leider nicht nur aus Musik und Schirennen (wir gehen nicht näher darauf ein) besteht, sondern dass es auch noch andere Disziplinen gibt (auf die wir ebenfalls nicht näher eingehen), in denen Deutschland sich einigermaßen gut bewährt, punkten und seinen Rückstand verkürzen kann und letztendlich ein glückliches aber verdientes Unentschieden erreicht.

Die Angst vor einem übermächtigen Ösiland ist somit unbegründet.

Inzwischen hatten die Protestler mehrere Schier der Marken Atomic, Blizzard, Head und Fischer pyramidenförmig aufgestellt, sie mit hochprozentigem Stroh Rum übergossen und in Brand gesteckt. Weißer, alkoholgeschwängerter Rauch stieg hoch über den Hauptmarkt. Ein Faß mit Jagatee wurde demonstrativ auf den mittelalterlichen Pflastersteinen entleert, feinste Mozartkugeln zertrampelt und Straußens Walzer An der schönen blauen Donau als Rap-Song interpretiert.

Die Bayrischen Polizisten schauten dem schändlichen Treiben teilnahmslos zu. Es war entsetzlich. Herrn Ösi schwillte der Kamm. War denn niemand bereit, hier ordnend einzugreifen? Wütend bahnte er sich einen Weg durch die Gaffer und war bereit, sich den 1/2 von den 3 1/2 Demonstranten vorzuknöpfen. 

 

Da läutete der und Herr Ösi erwachte aus seinem Alptraum.