Symphonie für Hunde

Das BesitzX (sprich Besitzix) liebt sein Haustier über alles. Das BesitzX tut alles Menschen mögliche und unmögliche, damit es dem Tierchen gut geht.

Nun ist auch Herr Ösi dem allgemeinen Gender-Wahnsinn verfallen. Früher war es einfach. Es gab Männer und es gab Frauen. Aber heutzutage hoch kompliziert. Viele Menschen wissen nicht, ob sie ein Männchen sind oder ein Weibchen. Oder einer wird morgens wach und ist sich sicher, die letzten 3 Tage ein Mann gewesen zu sein. Bloß seit heute morgen ist er sich nicht mehr sicher, also kein Mann mehr, aber auch nicht wirklich eine Frau, sondern irgendwas Undefinierbares dazwischen.

Weil immer weniger Menschen wissen, welchem Geschlecht sie gerade angehören und sie auf gar keinen Fall diskriminiert werden möchten, weil sonst Rechtsanwalt, Abmahnung und ähnliches, gibt es heute weder einen Tierhalter noch eine Tierhälterin, sondern das BesitzX. Das BesitzX kann alles sein und deckt mühelos die kompliziertesen Persönlichkeitsstrukturen ab. Das BesitzX ist sächlich wie das Haus, das Schwein oder das Conchita Wurst.

Das LesX möge dem Herrn Ösi den kurzen Abstecher in die Niederungen Neudeutscher-Genderei verzeihen, aber wat mutt dat mutt.

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Es war wohl die grausamste Meldung des Tages. „Vancouver: BesitzX von seinem Hund gebissen“

Da hat das BesitzX über Jahre alles Erdenkliche für seinen Hund getan, Leckerli, Spaziergänge, Kino, Musik und so weiter und dann das. Tja, in das Tier kannst du halt nicht reinschauen, zumindest nicht in das Psychologische von dem Tier. Der Kampfhund lässt sich sich nicht in die Karten gucken, obwohl, äußerlich ist das Tier zu durchschauen, nur innerlich nicht, weil tiefenpsychologischer als jeder Mensch. Äußerlich ist es so, dass im Lauf der Zeit BesitzX und Tier praktisch zu einer Einheit verschmelzen. Oft weiß man nicht, steht jetzt das Tier vor mir oder das BesitzX. Nur aufgrund der Größe ahnst du, mit wem du es zu tun hast. Es ist nicht geklärt, ob es das BesitzX ist, welches nach und nach das Aussehen von seinem Hund annimmt oder ob es der Hund ist, der seinem BesitzX äußerlich immer ähnlicher wird. Es gibt eine Theorie, die besagt, dass sich beide schrittweise einander annähern, aber wie gesagt, nur Theorie.

Es ist schwierig genug, in andere Menschen reinzuschauen. Die NSA will in die Bürger reinschauen, die Fluggesellschaften in ihre Mitarbeiter und so weiter. Aber am schwierigsten ist das Reinschauen in das Tier, weil psychologisch ganz anders drauf als der Mensch.

Das BesitzX aus Vancouver hatte seinem Kampfhund gerade das Violin Konzert in E minor Opus 64 von Felix Mendelssohn Bartholdy vorgespielt, als dieser unvermittelt nach 3 Minuten und 8 Sekunden zubiss. Jetzt wirst du sagen, die Klassik ist für den Kampfhund nicht geeignet, der Kampfhund braucht eher eine stramme Marschmusik, Radetzky und so. Kann sein, muss aber nicht. Es kommt immer auf den seelischen Zustand an.

Natürlich gibt es eindeutigen Anzeichen, die sogar Laien erlauben, primäre Bedürfnisse von Tieren zu erahnen. Beispiele: Die Katze streift um dein Bein, heißt: mach mir das Döschen mit der Gänseleberpastete auf. Oder der Hund wedelt mit dem Schwanz, heißt: geh‘ mit mir Gassi oder ich kack‘ dir auf den handgeknüpften Perserteppich. Oder du steigst der Kreuzotter auf den Schwanz, heißt: jetzt beiss‘ ich dich.

Klar könnte man einwenden, das letzte Opfer des Kampfhundes, der letzte herzhafte Wadenbiss liegt drei Wochen zurück, also eine kleine Ewigkeit für den Hund, deshalb sein seelischer Zustand ziemlich zerüttelt. Man kann aber auch sagen, der Mendelssohn war schuld. Genaueres werden wir nie erfahren.

Schon in der Schule haben sie den kleinen Felix Mendelssohn Bartholdy als Helix Pendelsohn Wacholdi verunglimpft. Der hat gelitten wie ein Hund, sich aber postwendend revanchiert, ist Komponist geworden und hat die Menschheit mit langweiliger Musik strafend überzogen. Bei 3:08 steht Opus 64 nicht nur für Tiere auf dem Scheideweg. Geht das Gefiedel weiter, wird es besser, wird es noch schlechter als es schon ist oder bricht es endlich ab und wenn ja, wann? Für das geneigte HörX: es geht noch 25 Minuten weiter, die sich anfühlen wie zwei mühsame Arbeitswochen, abgeleistet an einem Stück.

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Einen Tag später eine ähnliche Meldung aus Deutschland: „Buxtehude: BesitzX von seinem Hund gebissen“

Du ahnst es schon, wieder lief Wacholdi im Hintergrund, wieder Opus 64, der Biss erfolgte bei 3:08 auf die Sekunde. Das kann kein Zufall sein. Hat der Komponist absichtlich Sequenzen eingebaut, die Hunde aggressiv machen?, fragt BILD. Bei dem Übeltäter, pardon, bei der Übeltäterin handelte es sich um die in zartrosa gefasste Pudeldame Chanel, die abseits ausgiebiger Fressorgien auf Florian Silbereisen und Hansi Hinterseer steht, aber mehr auf das Aussehen der zwei Herren als auf deren Musik. BILD vermutet, Chanel hatte geträumt, wie der Silbereisen und der Hinterseer ihr zärtlich den Bauch kraulen, sich dabei ein bisschen zankend, wem das Hundchen letztendlich den Vorzug gibt, als einer der beiden, ungewollt oder nicht, der Pudeldame ins Bäuchchen kniff, so dass diese erwachte und zu ihrem Schreck weder den Florian noch den Hansi vorfand, dafür aber die entsetzliche Musik Wacholdi’s. Der Biss war unvermeidlich …

Und noch am selben Tag die furchtbare Schlagzeile: „Texas: Paris im Hilton von ihrem Hund gebissen“

Das Hundchen, war aus der sündhaft teuren Hermes-Handtasche heraus gesprungen und hatte unvermittelt beim Frauchen zugeschnappt. Ob es Wacholdi war, wollten die besorgten Reporter wissen, nein, so Paris, oder vielleicht, wie auch immer, sie könne nicht einen jeden Hotelgast persönlich kennen, die Musik, so die Journaille, ob zum Zeitpunkt des Unglücks Musik von Wacholdi im Hintergrund gelaufen wäre, Musik ja, so Paris, eher im Vordergrund als im Hintergrund, aber bestimmt nicht Wacholdi, sie stehe nicht auf diese Gangsta-Rapper und auf diesen fuckin‘ Wacholdi mit seinen ordinären Texten schon gar nicht, weil ihr Geschmack eher… bla bla bla und wie immer alles auf Englisch.

Der Chiwawa konnte erst durch die eilig herbeigerufene Dienerschaft gebändigt und beruhigt werden. Paris ebenso.
Der Kunde ist König, sagt man bei Hermes, und kaum gesagt, arbeiten sie schon an einer Chiwawa-Rückhalte-Vorrichtung, die das plötzliche heraus Katapultieren des Hundchens aus der Handtasche verhindern soll. Wau!

Das schaut jetzt fast nach einer Rehabilitierung vom Wacholdi aus, zumindest teilweise Rehabilitierung, weil für eine vollständige Rehabilitierung müsste er sein Werk unkomponiert machen, was leider nicht mehr möglich.

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Der Mensch hält sich gern für die Krone der Schöpfung. Ist er aber nicht. Nur weil er mit Handys telefonieren kann, Mais- und Mausgene manipuliert und ab und zu auf dem Mond landet. Das mag ja eine gewisse Leistung sein, aber beim Thema siebter Sinn, Fehlanzeige. Hier sind uns Tiere hochhaushoch überlegen, weil siebter bis achter Sinn, gerade im Bereich der Vorhersage.

Vögel zum Beispiel. Sie erkennen ein Erdbeben, einen Tsunami oder einen bevorstehenden Polsprung Tage vor ihrem Eintreten. Kraken sagen die Ergebnisse von Fußballspielen voraus. Und so weiter. Auch Herr Ösi will auf die Fähigkeiten von Tieren nicht mehr verzichten. Derzeit arbeitet er eng mit Stubenfliegen zusammen, sie sollen ihm 6 Richtige im Lotto bescheren.

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Der Hund und sein BesitzX verstehen sich meist blind, sind ein eingespieltes Team, sprich Augenkontakt und so. Aber in punkto Musik große Missverständnisse, weil völlig andere Welten. Der Hund braucht seine eigene Musik im hoch- beziehungsweise niederfrequenten Bereich, speziell abgestimmte Zwischentöne, Oktaven und Zeugs, dass für den Menschen eher… naja ungewöhnlich bis scheußlich anmutet.

Herr Ösi hat die Mühe nicht gescheut und die weltweit erste Symphonie für Hunde komponiert.
Hier ein kurzer Auszug aus dem Adagio Allegretto Rondo Knöchelverzeichnis 08/15 für Bello.

Ist, wie gesagt, nicht jedermanns Sache. Dem Hund aber kannst du keine größere Freude bereiten. Er wird es dir mit bedingungsloser Liebe danken.

Beachte: Vogelspinnen, Giftschlangen und ähnliche Exoten erfordern wiederum ganz andere Rhythmen, an deren musikalische Umsetzung Herr Ösi bereits fieberhaft arbeitet …