Über die Wichtigkeit des ersten Wortes

 

Roter Luftballon

Was wäre geschehen, hätte dieser Beitrag nicht mit den Worten „Was wäre geschehen“ und so weiter begonnen, sondern mit anderen. Genauer gesagt: bereits die simple Veränderung des ersten Wortes, hier also des „Was“-Wortes, hätte – wie wir sehen werden – ausgereicht, dem Text einen Drall in eine völlig andere Richtung zu geben. Unglaublich? Ja, unglaublich! Man ersetze beispielsweise das Wort „Was“ durch … äh sagen wir mal „Gänseblümchen“ und es liegt auf der Hand, dass wir uns plötzlich in einem völlig anderen Film wiederfinden. Sehr wahrscheinlich im falschen.

Über die Wichtigkeit einer ordnungsgemäßen Beschriftung haben wir bereits ausführlich berichtet. Heute lenken wir unser Augenmerk auf „De sermo primus interestibus“, wie es der echte Lateiner, hätte er es zu Lebzeiten gesagt, sicherlich niemals so ausgedrückt hätte. Aber egal, Hauptsache Sie wissen, worum es mir geht.

Britische Mathematiker, die After the Brexit praktisch beschäftigungslos herumsitzen und nach neuen Herausforderungen suchen, haben – glauben wir der Nachricht – sich diesem Ersten Wort und seiner immensen Wichtigkeit angenommen, haben es analysiert und sind auf Erkenntnisse gestoßen, die uns gelinde gesagt erstaunen. Das erste Wort, so die neuesten Berechnungen aus der City of London, ist so gewichtig, dass alle nachfolgenden mehr und mehr an Bedeutung verlieren, bis die letzten schließlich zur Gänze verblassen.

Frage:   Wenn ich das erste Wort mit Bedacht wähle, weil es so 
         immens signifikant ist, könnte man daraus schließen, 
         alle diesem Worte nachfolgenden wären unnötiges Beiwerk 
         auf das man genauso gut verzichten könnte? 
Antwort: Ja, richtig erkannt.

Es liegt in der Natur des Menschen, nach gesagtem besagtem ersten Wort, nicht wie es sich geziemt, in andächtig ehrfurchtsvolles Schweigen zu fallen, sondern viele fühlen sich nach dem sermo primus, dem sie – freilich in Unkenntnis neuester britischer Forschungsergebnisse – keine Bedeutung beimessen, geradezu ermuntert, munter und ungeniert weiter zu plappern … in manchen Fällen sogar zum Eintreffen des Notarztes.

Anders der Römer, sprich der Lateiner. Intuitiv, weil noch vor dem Brexit, hatte er so was wie eine Vorahnung, die ihn erkennen ließ, dass das Wort, zu dem er gerade im Begriffe war, sich hinreißen zu lassen, doch – sagen wir mal – einen gewissen Einfluss auf den weiteren Handlungsverlauf seiner unmittelbaren Umgebung haben würde – worauf er wohlweislich verzichtete, es, also das Wort, auszusprechen und stattdessen nonverbal mit dem Daumen antwortete. Rauf oder runter. Ein kluger Schachzug, der es ihm ermöglichte, die Problematik des ersten Wortes geschickt zu umgehen. Ein versehentlich nach unten gerichteter Daumen ließ sich in der Regel genauso wenig korrigieren, wie heutzutage ein gesagtes Wort sich zurücknehmen lässt.

„Yes“, sagt Professor Pi Cadilly zur Einleitung seiner Präsentation und schweigt ausführlich.
CRAZY titelt The Sun in übergroßen Lettern mit nix darunter. Sie haben verstanden.
Die Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest ist mit dem Wort „Zweiundvierzig“ klar und ausführlich beantwortet.

Das an die Wand geworfene Schaubild des Professors zeigt wichtige Details seiner Arbeit. Während ein neutral gesprochenes „Good Morning“ nach exakten Berechnungen so gut wie nichts über den weiteren Verlauf einer Konversation verrät, außer dass es sinnvoll wäre, sie unverzüglich zu beenden, da bereits alles wichtige gesagt, verheißt ein beim Aufwachen hervor gepresstes „Fuck“ nichts Gutes für den gerade eben begonnenen Tag. Sagt die Forschung.

„Wow!“, prustet Fräulein Saftschubse und zeigt durch pantomimische Bewegungen, dass mein heutiger Beitrag so überflüssig ist wie ein Kropf.

 

15 Gedanken zu “Über die Wichtigkeit des ersten Wortes

  1. Sehr geehrter Herr Ösi, die Inkonsequenz hat doch Tradition, die älter kaum sein könnte. „Am Anfang war das Wort“, so beginnt die Bibel, die sich ja auch scheinheilig als Wort Gottes bezeichnen lässt. Und dann schaue sich einer diesen Wälzer an!

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    • Richtig, am Anfang war das Wort, und wenn die Herren Wissenschaftler sich einig gewesen wären, wie dieses Wort geheißen hat, das da am Anfang war, dann hätte ich es selbstverständlich in meinen Beitrag aufgenommen … 🙂

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  2. „Mama“ ist so ein wichtiges erstes Wort.
    Erstmalig vom kleinen süßen Hosenscheisserlein deutlich vernehmbar ausgesprochen, lässt es die Mutter zunächst in einen unbeschreiblichen Glückstaumel fallen. Dieser Zustand hält noch eine ganze Weile an, zumindest so lange, bis das Kind weitere Worte hinzugelernt hat und dahinterkommt, dass „Mama“ das Schlüsselwort zur Einleitung von permanenten Bedürfnisanmeldungen ist, pausen- und gnadenlos funktionierend: „Mama! Hunger“ „Mama Pippi!“ „Mama Aaaaaam“ , bis Mama genervt zum Telefonhörer greift, und verzweifelt die eigene Mutter anruft: „Mamaaa!“

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  3. Ist er nicht. Ganz und gar nicht überflüssig, der Beitrag, im Gegenteil!!!
    Beispiel?
    Allein die Erwähnung meines Lieblingswortes, Gänseblümchen, ließ mich vibrieren. Besitzt es doch in meinem Leben seit gefühlten Äonen die tragende Funktion, alles Unangenehme aus meinem Hirn zu verbannen. Umständehalber murmle ich mittlerweile quasi permanent Gänseblümchen vor mich hin und fiepe vor Freude, wenn es auch mal anderswoher ertönt. Und das Beste daran ist überdies, dass mit diesem Wort einerseits etwas, andererseits alles gemeint sein kann. Gibt es ein bedachtsameres Wort als Gänseblümchen? Nicht für mich. Kein Film kann falsch sein, wenn ein Gänseblümchen vorkommt …

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    • Danke.
      Das Gänseblümchen wird leider in unserer Zeit kaum mehr gewürdigt. Da geht’s um Politik, Internet, Dieselskandal, Fußball, was weiß ich, was da alles unternommen wird, uns von den wesentlichen Dingen des Lebens abzuhalten. Aber: wir lassen uns nicht täuschen …

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  4. Gänseblümchen wäre geschehen, wenn Karla K. aus Tirol zur Seite gegangen wäre.
    Doch von Anfang an. Wie wir alle wissen, befinden sich in Tirol nichts als flaches Land, einige wenige sportbegeisterte Einwohner und unzählige Löwenherden. Ja Löwen gibt es derer dort so viele, dass ein jeder der etwas auf sich hält, einen solchen als Haustier sein eigen nennt. So auch Karla K., vor drei Jahren noch ein Mann und seit ihrer Geschlechtsumwandlung die schönste Frau des Landes. Ihr Löwe Hubert wird von ihr gehegt und gepflegt, er ist wohlerzogen und hilft im Haushalt. Und als Belohnung nimmt Karla ihren zahmen Hubert stets mit zu den täglich stattfindenden Tennismeisterschaften. Denn in Tirol wird ausschließlich Tennis gespielt, was wohl daran liegen mag, dass einst Großherzog Johann der Letzte sämtliche Gebiete des flachen Landes, also im Grunde ganz Tirol, mit Tennisplätzen ausstatten ließ. Und so blieb der Bevölkerung nichts anderes übrig, als zu Schläger und Ball zu greifen und eine sportliche Nation zu werden.
    Gesagt, getan. Nur die grazile Karla war die Einzige weit und breit, die sich zu fein für das Hin- und Hergerenne war. Sie stand in aufrechter Haltung am Spielfeldrand und sah ihren Lieblingsspielern zu, wie sie sich die Lunge aus dem Leib rannten. Und wie bereits erwähnt, war auch Löwe Hubert mit von der Partie. Allerdings durfte er sich nie das Spiel ansehen, sondern musste exakt hinter Karla stehenbleiben und darauf achten, dass ihr Designerkleid von „Karl Lagerhalle“ nicht verrutschte und ihre Poproportionen für die anderen Zuschauer gut sichtbar waren. Der gute Hubert nahm seinen etwas ungewöhnlichen Aufpasserjob sehr ernst und betrachtete also täglich stundenlang die wohlgeformten Pobacken der eitlen Karla K.
    Doch mit der Zeit stellte sich bei dem braven Löwen eine schier irreparable Genickstarre ein, er hatte Schmerzen und es fiel ihm zunehmends schwerer, immer nur geradeaus zu blicken. Er sollte sich bewegen, der Arzt hatte ihm Gymnastikübungen verordnet. Doch wann? Von morgens bis abends musste er hinter Karla am Tennisplatz stehen.
    Da rastete er eines Tages aus. Seit den frühen Morgenstunden spielten erneut die Tennisasse Erwin Mooshammer gegen Egon Hammermoos gegeneinander. Mittlerweile war der Abend hereingebrochen und der erste Satz des Matches war noch immer nicht beendet. Nun wurde es dem sonst so braven Hubert zu bunt, er fletschte die Zähne, fing an zu knurren und … und Gänseblümchen wäre geschehen, wenn Karla K. aus Tirol zur Seite gegangen wäre.
    (Anmerkung der Redaktion: „Gänseblümchen“ steht in der Tiroler Literatur für grausame Wortschöpfungen, die weltweit zensiert sind und daher nicht genannt werden dürfen. Daher versuchen wir, die Situation ein wenig zu umschreiben).
    … und eine der gewalttätigsten und blutrünstigsten Zerfleischungsszenen der Menschheitsgeschichte hätten sich wohl auf dem Tennisplatz abgespielt, wenn Karla den Löwen Hubert auf den Platz hätte rennen und die Spieler vor lauter Bewegungsdrang, Hunger und überdrüssiger Poguckerei martialisch hätte zerfleischen lassen. Doch dem war nicht so. Denn sie blieb standhaft und wollte das Match zu Ende sehen. Das war zu viel. Hubert riss sein Maul auf und schluckte die tennisbegeisterte Karla mit einem Haps hinunter.
    Nun war ihm wohler. Er genoss seine Freiheit, ging täglich mehrere Stunden zur Bewegungstherapie, absolvierte schließlich selbst eine Ausbildung als Tennisspieler und ist nun Tirols bekanntester Profi. Vor allem die weiblichen Zuschauer beobachten ihn in Scharen, weil sie der Meinung sind, dass er die zwei schönsten Erhebungen Tirols besitzt, seine zwei Pobacken 🙂

    Lieber Herr Ösi!
    Ich bitte um Entschuldigung. Ganz im Gegensatz zu ihrem äußerst ausgeklügelten Text, der alles andere als überflüssig ist, sind mir heute die Worte aus der Tastatur gewachsen, wie Gänseblümchen aus einer Wiese. Ich vermute, dass mich das Löwen-Gif nebst Dame noch im Traume verfolgen wird. Hoffentlich wirds kein Alptraum 🙂

    Ich wünsche Ihnen und Frau Saftschubse ein CRAZY weekend … yes … 🙂
    Herzliche Grüße
    Mallybeau … fuck, was für eine blöde Geschichte …

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    • Tirol. Kitzbühel. Der Berg, wo früher die berüchtigte Streif-Abfahrt stattfand, wurde abgeschliffen, sprich abgetragen und statt dessen Tennisplätze errichtet. Das Finale der „Kitzbühel Open“ bestreiten 2 Tiroler Lokalmatadore, nachdem Federer & Co keine Einreiseerlaubnis erhielten.

      Mooshammer: Deppat, sog i nur, deppat – fuchzehn null – so die schenan Berg
      Hammermoos: Jo mei – fuchzehn fuchzehn
      Mooshammer: Oba do net – dreißig fuchzehn – so deppat
      Hammermoos: Dreißig dreißig – schleifn moanst?
      Mooshammer: O-schleifn, gaunz genau, de gaunzn – vierzig dreißig – schenan Berg homs
      Hammermoos: O-gschliffn – Out! vierzig vierzig – o-schleifn lossn
      Mooshammer: Ampfoch (einfach, Anmerkung Herr Ösi) – fuchzig vierzig – o-schleifen lossn
      Hammermoos: Bist deppat? – fuchzig vierzig gibts ned
      Mooshammer: Gibts ned? daun Vorteil Moosi, oiso i (also ich)
      Hammermoos: Zerst die Streif – Einstand
      Mooshammer: Die Streif wor klor – Vorteil Moosi
      Hammermoos: Da Reichelt nur dritta
      Mooshammer: Des geht gor ned, nur des kloane Stockerl
      Hammermoos: Und ned amoi – Einstand – a Tiroler, da Reichelt, koa Tiroler ned
      Mooshammer: A Schaund is – Vorteil Moosi
      Hammermoos: Do homs gsogt – Vorteil Hammi – de Streif, den Sauberg, den muas ma schleifn
      Mooshammer: Oba hallo! – Einstand is
      Hammermoos: Waun du nimma quinnst – Vorteil Hammi – aufn eigenen Berg, daun muas a weg, da Berg
      Mooshammer: Is a weg da Berg, daun kennan a die Bayan, die Norwega und die aundan a nimma quinna
      Hammermoos: Ohne Berg gibts a koan ausländischn Siega ned
      Mooshammer: Deshalb – Einstand – musste er weg, der Berg. Und die Steif sowieso
      Hammermoos: Seit wann sprichst du Deutsch?
      Mooshammer: Eh scho imma – und du?
      Hammermoos: Weil für unsere Leserinnen & Leser wäre es schon besser, in einer Sprache zu sprechen, die sie auch verstehen
      Mooshammer: Verstehe. Vorteil Moosi
      Hammermoos: Und den Bergisel haben sie nach dem Debakel unserer Schispringer auch gleich gesprengt. Einstand
      Mooshammer: Uiii! Hot des oba g’staubt drunt in Innsbruck
      Hammermoos: Tirol ist nun nach der ganzen Schleiferei so platt wie die Lüneburger Heidi
      Mooshammer: Du moanst wohl die Lüneburger Heide
      Hammermoos: Jo, eh … Vorteil Hammi

      Karla K. erwacht aus dem Mittagsschlaf auf dem Center Court, Haupttribüne, Reihe 1, bester Platz. Neben ihr schläft schnurrend der Hubert, ihr Kater, von Insidern auch „Hubsi, der Löwe“ genannt. Mooshammer und Hammermoos spielen noch immer. Nun wieder Einstand.

      Liebe Frau Mallybeau,

      eine ganz vorzügliche und alles andere als unnötige Geschichte, die Sie einmal mehr aus Ihrer Tastatur zaubern. Da ist viel Sport, Dramatik, Kulinarik und auch Problematik drinnen. Großartig!
      Das Löwen-Gif soll sollte Sie nicht erschrecken, weil der Hubsi ist völlig harmlos. Nicht wahr, Hubsi?
      Naja, ein bisschen faucht er schon … ganz die Zwei-Uhr-Katze eben …

      Herzliche Grüße 🙂
      Herr Ösi

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      • Vielen Dank für den Hinweis, lieber Herr Ösi, dass es sich um ein harmloses GIF handelt. Ich kann vermelden, dass ich gut geschlafen habe und einen visionären Traum hatte, in dem zu sehen war, dass in Tirol in naher Zukunft überall Berge stehen und die nächsten Skiweltmeister aus dieser Region hervorgehen werden. Nur mit dem Tennis ist es dann vorbei. 🙂
        … aber Hauptsache die Gänseblümchen blühen ….
        Schlafen Sie gut 🙂
        Mallybeau

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  5. Brexit als erstes Wort zu wählen, lieber Herr Ösi, oder CRAZY,
    wäre mir nicht in den Sinn gekommen, obwohl es trotz Ungleichklanges die gleiche Bedeutung hat, weil ich über diese eminent wichtigen Dinge der schriftlichen Niederlegung des menschlichen Gedankengutes in richtiger Reihenfolge so gut wie gar nicht nachdenke. Bisher!
    Sie belehren mich eines Besseren!
    Nach Ihren tiefgreifenden Erkenntnissen, die ich fast 7 Jahrzehnte vermissen musste, habe ich nun viel nachzuholen.
    Das „Was“ als erstes Wort haben Sie dermaßen geschickt gewählt! Es macht neugierig. Es fordert den Leser heraus! (Die Leserin auch! Oder zuerst die Leserin und dann gleich hinterher den Leser)

    So erreichen Sie mit spielender Leichtigkeit, dass hier nie ein Öxit stattfinden wird!
    Das sichert unsere Zukunft und gibt uns ein beruhigendes Gefühl.
    DANKE!
    Gruß Heinrich

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    • Danke,
      lieber Herr Heinrich,
      in der Hoffnung, es möge keinen Öxit geben. Jetzt habe ich im Internet gelesen, es gibt Schreiber, die dem ersten Wort überhaupt keine Bedeutung beimessen, sondern allen nachfolgenden bis zu Ende des Textes. Ich denke, wir stehen am Anfang einer beginnenden Forschungsarbeit, die sich wortwörtlich ums Wort drehen wird und wo das letzte Wörtchen noch lange nicht gesprochen ist …
      Gruß
      Herr Ösi

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    • Lieber Schlingsite,
      das kommt natürlich auf Ihren Anrufbeantworter an. Also meinem ist es egal, was ich ihm erzähle. Aber die modernen mit integrierter KI wägen ab, wie das Gesagte gemeint sein könnte … und teilen ihre Aufzeichnungen im Zweifelsfall gern behördliche Stellen mit … 😉

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  6. Pingback: Das Infinite-Monkey-Theorem | oesiblog

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